Einführung

Der Quarz als Mineral ist der Ausgangsstoff für alle Arten von Quarzresonatoren, Quarzfiltern und Quarzoszillatoren. Ein Großteil der Erdkruste besteht aus natürlichem Quarzgestein, welches in seiner reinen Form auch Tiefquarz oder α-Quarz genannt wird. Der Quarz besteht aus einem idealen Kristallgitter, welches aus Silizium- und Sauerstoffatomen in einer perfekten Symmetrie aufgebaut ist.   Dieses Kristallgitter verleiht dem Quarz die wichtige Eigenschaft, dass sich an den Enden eines Quarzkristalls eine elektrische Spannung messen lässt, sobald mechanischer Druck auf den Kristall ausgeübt wird. In gleicher Weise verformt sich der Kristall, wenn man an seinen Enden von außen eine elektrische Spannung anlegt. Dieses Verhalten macht ihn zu einem idealen Rohmaterial für den Einsatz in elektrischen Schaltungen in Form eines Schwingquarzes. Wo früher in der Produktion von Schwingquarzen noch bergmännisch abgebauter Quarz, der Bergkristall, Verwendung fand, wird heute fast ausschließlich künstlich hergestellter Quarz mit extrem hoher Reinheit verwendet.   In jeder Armbanduhr (Quarzuhr) sorgt beispielsweise ein kleines Plättchen Quarzmaterial dafür, dass der Sekundenzeiger zuverlässig und immer gleichmäßig einmal in der Sekunde nach vorne rückt.

Quarz als Rohmaterial

Quarz ist ein Mineral bestehend aus Silizium und Sauerstoff mit der chemischen Formel SiO2.
Die kristalline Form von Quarz ist in der Natur relativ häufig, aber in der hochreinen Form,
die für die Herstellung von Quarzkristallen benötigt wird, ist das Angebot eher gering.
Das begrenzte Angebot und die hohen Kosten von natürlichem Quarz haben dazu geführt, dass sich seit den 1960 er Jahren eine Industrie zur Herstellung von synthetischem Quarz entwickelt hat. Synthetische Quarzkristalle werden in
vertikalen Autoklaven hergestellt. Der Autoklav arbeitet nach dem Prinzip der hydrothermalen Gradienten mit Temperaturen von über 400 °C und Drücken von über 1.000 bar. Sogenannte Keimkristalle (engl. Seeds) werden in der oberen Kammer des Autoklaven platziert, während natürlicher Quarz (Laskas) in die untere Kammer gegeben. Dann wird eine alkalische Lösung eingefüllt, die durch Erhitzen den Druck in der Kammer erhöht. Die Heizung des Autoklaven erzeugen eine niedrigere Temperatur in der oberen Kammer im Vergleich zur unteren. Dieses
Temperaturgefälle erzeugt eine Konvektion der alkalischen Lösung, die den natürlichen Quarz am Boden der Kammer auflöst und auf den Keimkristallen im oberen Bereich ablagert. Alpha-Kristalle, die mit dieser Methode erzeugt werden, können eine Masse von mehreren hundert Gramm haben und in wenigen Wochen gezüchtet werden. Je langsamer die Kristalle wachsen, desto höher ist ihre Reinheit und Qualität.

Piezoelektrischer Effekt

Piezokristalle sind Kristalle mit polaren Achsen, aber ohne Symmetriezentrum. Dazu gehören z. B. α-Quarz oder Zinksulfid.

Durch ein von außen angelegtes elektrisches Feld, kann die Verformung eines ganzen piezoelektrischen Kristalls erreicht werden, was manchmal als inverser piezoelektrischer Effekt bezeichnet wird.

Der piezoelektrische Effekt lässt sich durch eine Verschiebung der positiven und negativen Ladungen der Silizium- und Sauerstoffionen erklären, wenn Druck ausgeübt wird, wodurch ein elektrisches Dipolmoment entsteht:

Wenn ein Isolator mit einer polaren Achse, d. h. einem makroskopischen Dipolmoment, in ein elektrisches Feld gebracht wird, verschieben sich die Ladungen in ihm und es kommt zu einer mechanischen Verformung. Umgekehrt kann eine mechanische Verformung die Ladungen so verschieben oder ausrichten, dass eine elektrische Polarisation, d. h. ein elektrisches Feld, entsteht. Das Piezofeld E sowie die zwischen den Endflächen erzeugte Spannung U sind proportional zu der relativen Verformung ε = Δx / x:

 oder

Hierbei wird δ als piezoelektrischer Koeffizient bezeichnet, welcher Materialabhängig ist. Die Verformung ist darauf zurückzuführen, dass Dipole, die in Feldrichtung hintereinander liegen, sich gegenseitig anziehen. Benachbarte Schichten werden durch diese Kräfte einander angenähert, bis elastische Gegenkräfte die elektrischen Kräfte kompensieren.

Die Ladungen treten an den Enden der polaren Achsen auf und werden durch Verformung in ihrer Ebene gegeneinander verschoben, was zu Oberflächenladungen an der Grenzfläche des insgesamt neutralen Kristalls führt.
Der Kristall erfährt also durch die Verformung eine elektrische Polarisation, die der Polarisation der Dielektrika im elektrischen Feld entspricht.

Schnittwinkel

Die Eigenschaften des piezoelektrischen Effekts hängt stark von der Orientierung ab, in der die Kraft bzw. die Spannung auf den Quarzkristall wirkt. Auch hat die Umgebungstemperatur je nach Richtung unterschiedlich starke Effekte. Es können verschiedene Quarzkristallschnitte hergestellt werden, die unterschiedliche Eigenschaften aufweisen.

Üblicherweise werden die unterschiedlichen Quarzschnitte durch zwei Rotationswinkel

 und

 um die kristallographischen Achsen definiert.

Die gebräuchlichsten Schnitte sind der Einfachrotations-AT-Schnitt(Theta= 0° ) und der Doppelrotations-SC-Schnitt(Theta= 22° ). Der Thetawinkel beträgt in beiden Fällen etwa 34°.

Es gibt auch andere doppelt gedrehte Schnitte wie MSC-, IT-, FC-, LD- für spezielle Anwendungen.

Schwingquarze

Die aktive Komponente des Kristallresonators ist eine mechanisch schwingende Scheibe („Kristallelement“), die aus monokristallinem Quarz mit genauer Ausrichtung zu den kristallographischen Achsen geschnitten ist. Der Resonator wird im Hochvakuum mit Aluminium-, Silber- oder Goldelektroden beschichtet und hermetisch in ein geeignetes Gehäuse eingeschweißt, entweder durch Kaltschweißen oder Widerstandsschweißen.
 
Die physikalischen Abmessungen des Elements und seine Ausrichtung zu den Achsen bestimmen insbesondere die Resonanzfrequenz, seine Anfangsgenauigkeit, seine elektrischen Eigenschaften und den Temperaturkoeffizienten.
 
Die Frequenz von Kristallen ist umgekehrt proportional zur Dicke des Elements. Für die mechanische Bearbeitung ergibt sich daraus eine obere Frequenzgrenze von etwa 50 MHz für Kristalle, die in der Grundschwingung schwingen.

Inverted-Mesa-Quarze

Um höhere Frequenzen in der Grundschwingung zu erreichen, existieren auch chemisch geätzte sog. Inverted-Mesa-Kristalle, bei denen der zentrale Teil des Resonators so geätzt wird, dass er nur noch wenige Mikrometer dick ist.
 
Viele verschiedene Parameter haben einen Einfluss auf die endgültigen Resonatoreigenschaften. Dicke und Durchmesser des Elements, Elektrodendurchmesser, Elektrodenmaterial, aber auch Halterungen, Versiegelungsmethode usw.
 
Kristallelemente können planparallel oder konturiert (mit Fasen, plan-konvex oder bi-konvex) hergestellt werden.
 
Die Konturierung ist notwendig, um Kanteneffekte zu vermeiden. Ein Krümmungsradius kann auf einer oder beiden Seiten des Kristallelements hergestellt werden, um die Energie in der Mitte des Resonators zu konzentrieren.

Oberschwingungen

Hochfrequente Kristalle schwingen in der Dicken-Scher-Schwingung, die in Grund- oder ungeraden Obertonmoden angeregt werden kann.

Die dynamische Kapazität C1n eines Obertonkristalls nimmt mit der Ordnung n des Obertons ab und ist ungefähr gegeben durch

Daher ist das Verhältnis CO/C1 bei Obertonkristallen viel größer als bei Kristallen, die im Grundton schwingen, und der Ziehbereich ist um einen Faktor von etwa n3 reduziert. Quarze, die in VCXOs verwendet werden, wo ein großer Ziehbereich erforderlich ist, arbeiten daher im Grundtonmodus.

Obertonquarze

Alle Kristallresonatoren erzeugen eine Hauptmode, bei der es sich um eine Dickenscherschwingung handelt, sowie unerwünschte Schwingungsmoden, bei denen es sich um unharmonische Dickenschermoden oberhalb der Resonanzfrequenz handelt.
Neben der häufig verwendeten C-Mode gibt es eine weitere Dickenschermode, die B-Mode. Sie hat eine um etwa 10 % höhere Frequenz und im Allgemeinen einen geringeren dynamischen Widerstand als die C-Mode, aber einen größeren Temperaturkoeffizienten. Manchmal ist es notwendig, diese Mode zu filtern, damit der Oszillator mit der C-Mode arbeiten kann.
Weitere unerwünschte Moden sind Scher-, Biege-, Dicken- und Torsionsschwingungen, die oberhalb und unterhalb der gewünschten Resonanzfrequenz auftreten können. Bei korrektem Oszillatordesign verursachen die unerwünschten Moden selten Probleme. Unerwünschte Moden in der Nähe der Resonanzfrequenz beeinträchtigen das Anlaufverhalten von Oszillatoren oder führen während des Betriebs zu einer Verschiebung zur falschen Frequenz.
Andere unerwünschte Effekte sind Frequenz- und Widerstandseinbrüche über die Temperatur, die durch unerwünschte Moden verursacht werden.
Nebenmoden werden in der Regel als Verhältnis des Resonanzwiderstandes der unharmonischen Moden zum Hauptmodenwiderstand angegeben.

Ersatzschaltbild

In der Nähe der Resonanzfrequenz wird die Quarzeinheit durch einen elektrischen Zweipol dargestellt. Die Schaltung, die sich aus dem Ersatzschaltbild ergibt, bildet das elektrische verhalten des Schwingquarzes nach.
 
Shunt-Kapazität CO: Kapazität zwischen den Elektroden, dem Quarzhalter, den Leitungen und dem Gehäuse. Typisch 1-50 pF
Dynamische Kapazität C1: stellt die mechanische Elastizität dar. Typisch 10-12 – 10-18 F
Dynamische Induktivität L1: stellt die mechanische Trägheit dar. Typisch 10-3 – 10-5 H
Dynamischer Widerstand R1: steht für mechanische Verluste. Typisch 1 – 105 Ω

Ziehfähigkeit

Die Ziehfähigkeit eines Schwingquarzes ist die Fähigkeit, die Frequenz einer Kristalleinheit von der Eigenresonanzfrequenz (fs) auf eine Lastresonanzfrequenz (fL) zu ändern. Zusätzlich zu den Komponenten des Ersatzschaltbildes muss im elektronischen Schaltkreis eine externe Kapazität, die sogenannte Lastkapazität CL, vorgesehen werden, damit der Kristall in seiner Resonanzfrequenz verändert werden kann.
Eine Verringerung der Lastkapazität führt zu einer Erhöhung der Frequenz, und eine Erhöhung der Lastkapazität führt zu einer Verringerung der Frequenz

Mit einer Lastkapazität in Reihe oder parallel zum Kristall wird die Resonanzfrequenz entsprechend verschoben:

und der Widerstand bei Resonanz wird:

Temperaturkoeffizient

Die Resonanzfrequenz von Schwingquarzen ist im Allgemeinen von der Temperatur des Quarzes abhängig. Die Temperaturcharakteristiken von AT- und SC-Quarzen werden durch eine Parabel dritter Ordnung beschrieben.
Es ist dann möglich, die relative Änderung der Frequenz zu beschreiben:

Mit

 und Ti ist die Temperatur am Wendepunkt.

Frequenz-Temperatur

Die Frequenz-Temperatur-Kennlinie wird in erster Linie durch den Schnittwinkel des Quarzes bestimmt. Für einen bestimmten Schnitt ist Ai der Parameter, der sich am stärksten mit dem Winkel Theta ändert. Ci ist nahezu konstant und Ti variiert zwischen +25°C und +35°C für den AT-Schnitt und zwischen +85°C und +95°C für den SC-Schnitt, abhängig von den Abmessungen des Kristallelements.

SC-Schnitt

Da der Wendepunkt des SC-Schnittes nahe bei 90°C liegt, eignet er sich sehr gut für Ofenoszillatoren, da ein oberer Umkehrpunkt um 80°C zu einer sehr geringen Abhängigkeit der Frequenz von der Temperatur führt. Außerdem sind Kristalle mit SC-Schnitt weniger empfindlich gegenüber mechanischer und thermischer Beanspruchung und bieten im Vergleich zum AT-Schnitt eine geringere Alterung und eine höhere Güte.

Alterung

Die Alterung ist die Veränderung der Eigenfrequenz des Schwingquarzes mit der Zeit. Sie kann im Allgemeinen als eine inverse logarithmische Funktion dargestellt werden. Die Alterung wird durch die Herstellungstechnologie (insbesondere die Verschluss- und Befestigungstechnik), die Voralterung, das Design des Oszillators und die Umgebungsbedingungen beeinflusst.
 
Durch das Aufbringen der metallischen Elektroden auf das Quarzmaterial ändert sich die Gesamtmasse des Schwingquarzes in damit auch dessen Eigenfrequenz. Durch Oxidationseffekte oder Anlagerung von Fremdstoffen auf das elektrodenmaterial kann sich im Laufe der Zeit die Elektrodenmasse weiter ändern. Die Oberfläche des Quarzmaterials und der aufgedampften Metallschichten bilden eine poröse Oberfläche, an der sich leicht Fremdstoffe anlagern können. Dieser Effekt kann vermindert werden, indem das Quarzgehäuse mit einem inerten Gasgemisch aus Stickstoff und Helium gefüllt wird. Dennoch können Ausgasungen beispielsweise aus den Klebestellen des Quarzes am Quarzhalter zu zeitabhängigen Alterungseffekten führen.
 
Auch mechanische Kräfte (mechanischer Stress), die auf den Quarz wirken, führen zu Alterungseffekten. Der Quarzkristall selbst besteht aus einem in hohem Maße geordneten Kristallgitter. Durch Bearbeitungsprozesse bei der Herstellung wie Sägen, Schleifen oder Polieren werden diese Kristallgitter teilweise gestört, wodurch sich die physikalischen Eigenschaften des Quarzmaterials ändern können. Durch Relaxationseffekte im Kristallgitter werden mit der Zeit diese Fehlstellen oder Gitterfehler wieder entfernt, was zu einer Frequenzänderung (Alterung) führt. Auch die Aufhängung des Quarzes im Gehäuse führt zu einer Mechanische Belastung, an die sich das Quarzmaterial anpassen muss. Die Verbindung von Quarzhalter, Leitkleber und Quarz passen sich im Laufe des Betriebs immer besser aneinander an, wodurch nach einer gewissen Einlaufzeit nur noch kleine Änderungen in der Resonanzfrequenz erkennbar sind und sich ein quasi stabiler Zustand einstellt.
 
Typische Alterungswerte eines Schwingquarzes im ersten Jahr sind:
 
Widerstandsgeschweißte Gehäuse: 1 – 5 ppm/a
Kaltverschweißte Gehäuse: 0,05 – 1 ppm/a

Pegelanhängigkeit

Die Pegelabhängigkeit ist die Abhängigkeit der Resonanzfrequenz von der durch den Schwingquarz geleiteten Leistung.
 
Durch die Veränderung des Pegels ändern sich die Resonanz- und Phasenkurven. In der Regel besteht eine lineare Abhängigkeit der Resonanzfrequenz mit der Leistung.
 
Der Effekt liegt in der Größenordnung von etwa 10-9/µWatt und ist für einen Quarz im SC-Schnitt in der Regel geringer als für den AT-Schnitt. Probleme treten insbesondere Dann auf,
wenn der Pegel schwankt oder mit der Zeit abdriftet.
 
Allgemein sollten Schwingquarze immer mit dem Pegel betrieben werden, für den sie entwickelt und gebaut wurden. Höhere Ansteuerungspegel regen unerwünschte Schwingungsmoden an, führen zu einer ernsthaften Verschlechterung der Frequenz-Temperatur-Kennlinie, beschleunigen die Alterung und können die Frequenz aufgrund einer Überhitzung des Resonators verschieben. Auch eine völlige Zerstörung des Quarzes durch Überlastung ist möglich.

Aktivitäts-Dips

Ein Aktivitäts-Dip ist durch eine Abweichung von der Frequenz-Temperatur-Kurve dritter Ordnung gekennzeichnet. Einbrüche können speziell bei Kristallen für TCXOs Probleme verursachen, da diese in einem weiten Temperaturbereich betrieben werden.
 
Ein Aktivitäts-Dip wird durch die Anregung unerwünschter Moden durch mechanische Kopplung verursacht. Hierbei haben zwei unterschiedliche Moden ein unterschiedliches Temperaturverhalten, welche sich bei einer bestimmten Temperatur kreuzen. Die Schwingungsenergie wird in diesem Punkt von der gewünschten Mode teilweise auf eine unerwünschte Mode übertragen.
 
Die Einbrüche werden durch das Design des Resonators, den Ansteuerungspegel und die Bedingungen der Oszillatorschaltung beeinflusst.